Online frisst Handel ? Was der Handel vom Onlinegeschäft lernen kann

Hat der Handel in Zukunft eine Überlebenschance oder stirbt er ganz aus? Übernimmt das Onlinegeschäft den kompletten Vertrieb? Im Interview: Vertriebsprofi und Buchautor Stefan Dederichs über Chancen

Angesichts der rasanten Wachstumsraten des Online-Handels redet mancher Experte bereits vom „sterbenden Handel“. Ist der stationäre Handel aus Ihrer Sicht ein Auslaufmodell?

Meine persönliche Meinung ist, dass der Handel auch in Zukunft eine Daseinsberechtigung haben wird. Er muss sich dem Wandel jedoch unbedingt anpassen und sich stetig neu erfinden. Damit der Handel langfristig im Wettbewerb bestehen kann, muss daher ein grundsätzliches Umdenken in den Köpfen erfolgen.

Worin liegen die Ursachen für die enormen Umsatzeinbußen?

Der stationäre Vertrieb hat in den letzten Jahren vieles „verschlafen“ und nutzt seine Möglichkeiten und Potenziale nicht umfassend aus. In vielen Bereichen hat der Online-Vertrieb heutzutage seine Nase vorne und schlägt den Handel in Kategorien, die eigentlich dessen unschlagbare Stärke darstellen.

Können Sie dies an einem konkreten Beispiel erläutern?

Die zentrale Kernfrage lautet: Was macht der Online-Handel bei erfolgreichen, umsatzstarken Shops richtig und inwieweit kann der stationäre Handel davon lernen? Betrachten wir einmal die folgende Situation: Wie beginnt der Online-Kauf? Der Kunde setzt sich, wann es ihm am bequemsten ist, an den Rechner oder nimmt sein Smartphone zur Hand und beginnt zu stöbern. In aller Ruhe in bester Laune. Er macht es sich gemütlich und genießt während des Internet-Shoppings seinen Kaffee oder Tee und kann sich vollkommen entspannen. Die Voraussetzung und die Stimmung für einen Kauf sind jetzt optimal. Der Kunde genießt den Moment und bringt sich selber in Kauffreude. Jetzt geht der Kunde auf die Suche – vielleicht gezielt, vielleicht einfach nur zum Zeitvertreib. Gute Online-Shops sind heute so aufgebaut, dass sie den Kunden zum Verweilen animieren.

Auf welche Weise funktioniert dies?

Bildanimationen sind interessant und spannend aufgebaut, der Besucher wird neugierig gemacht, er soll gespannt sein, was als nächstes passiert. Emotionen werden angesprochen. Der Besucher wird animiert, zu bleiben und den nächsten Schritt zu wagen. Professionell produzierte und platzierte Bilder, bewegte Texte und Störer unterstützen dabei, den Besucher auf der Webseite zu halten: Die erste Seite ist übersichtlich und klar strukturiert, der Kunde findet sich schnell zurecht und sieht sofort, wo es weitergeht. Interessante Angebote, Top-Verkäufe und besondere Angebot-Highlights werden bekanntermaßen dabei immer am prominentesten platziert.

Wie ist das beim Handel? Was kann der Handel nun davon lernen?

Die Ausgangssituation ist zunächst einmal ähnlich: Der Kunde geht los, er sucht etwas Spezielles oder will vielleicht einfach nur gemütlich schlendern. Ob der Kunde einen Laden betritt und am Ende tatsächlich mit der Ware nach Hause geht, ist abhängig von der Präsentation der Produkte im Schaufenster, vom Geschäft, der POS-Gestaltung und nicht zuletzt von der Freundlichkeit des Verkäufers.

Also geht es auch hier um die Animierung und Emotionalisierung des Kunden?

Völlig richtig! Bereits der erste Eindruck zählt und dies beginnt schon beim Schaufenster: Wie stark wird der Kunde animiert und wie stark werden seine Gefühle angesprochen? Wie ist die Ästhetik und Aufmerksamkeitsstärke der Gestaltung? Spricht sie den Kunden an und ist sie emotional und spannend aufgebaut? Will der Kunde stehen bleiben, um mehr zu erfahren, wird er neugierig gemacht? Animiert es den Kunden den nächsten Schritt zu gehen und das Ladenlokal zu betreten?

Welchen Eindruck haben Sie im Allgemeinen? Erfüllen die meisten Schaufenster diese Kriterien?

Meine Erfahrung zeigt, dass 80% der Schaufenster bereits den Namen leider nicht verdienen. Eine lieblose, einfallslose und unkreative Gestaltung animiert zu allem, aber nicht dazu das Geschäft zu betreten. Wenn man durch eine Fußgängerzone geht und die Schaufenster genauer betrachtet, fällt auf, dass nur die wenigsten wirklich dazu ermuntern, das Geschäft zu betreten. Dabei sind sie doch das Aushängeschild, sozusagen die „Visitenkarte“ eines Geschäftes. Es ist das Erste was der Kunde wahrnimmt. Das Schaufenster ist die erste Möglichkeit sich von dem Wettbewerb abzuheben.

Nehmen wir an, der Kunde hat seinen Weg in ein Geschäft gefunden. Was geschieht nun?

Hat der Kunde wirklich das Geschäft betreten, kommt es darauf an, was er als erstes sieht. Hat er Lust zu bleiben, will er mehr sehen, mehr erleben? Unangenehm wird es, wenn man das Geschäft versehentlich doch betreten hat, jedoch von visuellen Anreizen, Übersichtlichkeit und Kundenorientierung kaum etwas zu bemerken ist.

Auf Welche Weise sollten sich denn die Geschäfte attraktiver präsentieren?

Hier gibt es durchaus vielfältige Möglichkeiten: Wo können beispielsweise Männer auf ihre Frauen warten, gibt es Zeitschriften und Getränke? Ich gehe gerne mit meiner Frau in die Stadt, auch mal gerne in ein Geschäft. Sie muss nur wirklich immer alles genau „unter die Lupe“ nehmen und alles anprobieren – eine typische Situation, die vielen Männern nicht unbekannt sein dürfte.. Die Zeit nutze ich gerne, prüfe Mails oder lese. Und es könnte wirklich sehr entspannend sein, doch leider bieten nur die wenigsten Geschäfte entsprechende Möglichkeiten zum Zeitvertreib. Es fehlt häufig an Sitzplätzen, geschweige denn an komfortablen Wartezonen. Damit meine ich jedoch nicht eine Zone in der vierten Etage. Frauen möchten selbstverständlich ihre Errungenschaft zeigen und möchten die Meinung erfragen, da braucht sie den Partner in ihre Nähe. Verzweifelt setze ich mich dann oft auf eigentlich für Ware vorgesehene Ablagemöglichkeiten.

Es geht also auch um den „Wohlfühlfaktor“ beim Shopping?

Absolut! Der Kunde will heute ein Erlebnis wenn er shoppt. Er will nicht einfach nur etwas zum Anziehen kaufen, er möchte die Zeit genießen, sich wohlfühlen und Freude daran haben. Wenn das genannte Beispiel auch möglicherweise ein Klischee bedient und nicht pauschalisiert werden kann, so beobachte ich dennoch immer wieder, wie die Männer von einem Bein auf das andere wippen, weil ihnen die Füße weh tun oder sie stehen gelangweilt in der Ecke und drängeln die Frauen. Am Ende verlassen beide genervt das Geschäft – ohne etwas zu kaufen.

Haben Sie ein weiteres Beispiel für Kundenorientierung?

Selbstverständlich, betrachten wir ein weiteres Beispiel: Im Online-Shop gibt es klare schnell zu findende Kategorien. Der Kunde wird zielgerichtet an die richtige Stelle geführt. Bei guten Shops muss er nicht lange suchen, bis er das Richtige findet. Suchfelder und Eingrenzungsmöglichkeiten unterstützen Ihn dabei. Wenn der Kunde nicht sofort das findet, was für ihn von Interesse ist, dann ist er schneller wieder von der Seite verschwunden, als er gekommen ist, daher sind die Wege kurz und übersichtlich. Im Handel fehlt es dagegen häufig an der Übersichtlichkeit, wie zum Beispiel an guten Wegweisern und informationstafeln. Wo findet er was, wie kommt er möglichst schnell zu den Produkten, die ihn interessieren und wie wird er dorthin geführt?

Der Kunde will also geführt werden?

Exakt! Auch der Kunde der nur stöbert, muss gezielt geführt und auf Interessantes hingewiesen werden. Damit emotionale und spontane Käufe erfolgen können, braucht der Kunde die Möglichkeit dazu. Störer helfen zum Beispiel dabei, die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Auf den Laufwegen müssen günstige, schnell zu erwerbende Ergänzungsprodukte angeboten werden. In Online-Shops wird streng darauf geachtet, dass die Klickrate bis zum Kauf so gering wie möglich ist – drei Klicks sind dabei eine optimale Anzahl. Wenn es zu lange dauert, bis der Kunde zum Ergebnis kommt, bricht er den Kauf ab und verlässt die Seite, denn es gibt ja genug Alternativen. Im Handel ist das nicht anders: Wenn der Besucher nicht schnell das findet, wonach er sucht und er beim Stöbern nicht auf Produkte stößt, die in seinem Interessenfeld liegen, verlässt er nach kurzer Zeit das Geschäft und geht in das nächste.

Gibt es weitere Unterschiede in punkto „Kundenservice“?

Ein weiterer wichtiger Aspekt: „Kulanz“. Bei guten Online-Shops kann der Kunde seine Ware einfach und unkompliziert zurückgeben. Er erhält einen Retourenschein und bekommt seinen Beleg. Er muss sich nicht rechtfertigen, warum ihm das Produkt nicht gefällt. Wenn er Lust hat, gibt er einen Grund an, wenn nicht, lässt er es dabei. Viele Shops nehmen die Ware auch noch zurück, wenn die 14-tägige Rückgabefrist überschritten wurden. Kulanz ist hier das größte Gebot. Bei Reklamationen und Garantiefälle, erfolgt ein Umtausch schnell und unkompliziert. Im Handel kommt es häufig dazu, dass die Ware bei der Rückgabe erst einmal ganz besonders begutachtet wird, der Kassenbon muss vorliegen und wird genauestens geprüft. Dem Kunden wird die Rückgabe so schwer wie möglich gemacht. Daher ist es wichtig, Rückgaben im Vorfeld zu vermeiden. Eine kompetente und kundenorientierte Beratung unterstützt dies enorm.

Wie beurteilen Sie die Unterschiede beim Zahlungsverkehr?

Im Online-Geschäft kann der Kunde zahlen wie er möchte. Alles ist möglich, egal, ob per Sofortüberweisung, EC- oder Kreditkarte, Rechnung, zertifizierte Zahlungssysteme wie PayPal oder sogar als Kurzfristkredit. Der Kunde hat die freie Wahl, für ihn gibt es keine Grenze, egal welche Karte er besitzt, er kann seinen Kauf uneingeschränkt tätigen. Im Handel jedoch kann er froh sein, wenn seine EC-Karte akzeptiert wird. Seine „Lieblingskarte“, die Amex, braucht er gar nicht erst herauszunehmen. Und über den Kauf auf Rechnung brauchen wir erst gar nicht zu reden. Die Akzeptanz von Zahlungsmittel kostet Geld, da kommt man nun einmal nicht drum herum, wenn man es dem Kunden so einfach wie möglich machen möchte.

Ihr Fazit?

Das primäre Ziel sollte sein, zu verkaufen. Doch jede Hürde, die dem Kunden in den Weg gestellt wird, wird dieser zum Anlass nehmen, um einen einfacheren und bequemeren Weg zu finden. Der Handel hat so unglaublich viele Möglichkeiten, um dem Kunden den Kaufprozess zu einem wirklichen „Wohlfühlerlebnis“ zu machen. Es gibt viele Chancen für den Handel, er muss sie nur nutzen. Insbesondere im Bereich der Beratung könnte er punkten und dann hat auch er eine blühende Zukunft.

Über:

Stefan Dederichs Der Abschluss Experte
Herr Stefan Dederichs
Zur Eisengrube 6
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